FRANZ MARC • 1880-1916

Als der am 8. Februar 1880 in München geborene Franz Marc im März 1916 vor Verdun den Soldatentod starb, wurde der jungen modernen Malerei, nicht nur Deutschlands, eines ihrer begabtesten und liebenswürdigsten Talente entrissen. Der Theologie- und Philosophiestudent fand bald schon zur Malerei als seiner eigentlichen Berufung durch. In den Jahren um 1907/08, die ihn noch in der Nähe impressionistischer Darstellungsweise sahen, begann sich der Wandel zu sich selbst zu vollziehen. Damals äußerte er die seiner künftigen Kunst wegweisenden Worte, daß eine innere Stimme ihm sage: „Zurück zur Natur, zum Allereinfachsten, denn nur in dem liegt die Symbolik, das Pathos und das Geheimnisvolle in der Natur. Alles andere lenkt ab, verkleinert und verstimmt.“ Was er zunächst in Gedanken als das Wesentliche erfahren hat, das setzte er, gefördert durch die Begegnung mit Kandinsky, Jawlensky, Macke und Klee (Blauer Reiter), in den Jahren seit 1910 in eine Kunst um, deren Aufgabe er darin sieht, „der Zeit Symbole zu schaffen, die auf die Altäre der kommenden geistigen Religion gehören“. Das Tier, die unverdorbene, reine Kreatur, und seine Einbindung in eine von aller Zufälligkeit gereinigte Natur, sie wurden zum Thema seines von einem tiefen und echten religiösen Pathos getragenen Schaffens. In klangstarken Akkorden aus gegenstandsentbundenen Farben und rhythmisch geordneten, schwingenden Formen baute er eine Welt auf, die gleichsam erfahren läßt, wie das Tier sich selbst fühlt in seinem kreatürlichen Sein. Sie bleibt auch bestehen in den Bildern, die unter dem seit etwa 1912 auf Marc wirkenden Einfluß von Kubismus und Futurismus die anfängliche fließende Form gegen eine schollenartige, brüchige Aufsplitterung des Bildraumes eintauschten und von der dynamisch bewegenden Kraft der Farbe mit einer vordem nicht erreichten Aussagefähigkeit ausgestattet wurden. Gegen Ende seines Lebens stieß Marc in den Bereich der vom Gegenstand entleerten reinen Farbklänge und Formgebilde vor, doch blieb es ihm versagt, hier gleich Großes zu schaffen wie in seinem Werk um das Tier zuvor.

Aus dem Buch:

Moderne Malerei: Von Renoir bis Buffet von Bodo Cichy, Juckerverlag: 1970, Seite 110

Deutsche Nationalbibliothek: http://d-nb.info/457614838