MAX LIEBERMANN • 1847-1935

Der gebürtige Berliner Max Liebermann ist vielleicht mehr noch als Lovis Corinth, mit dem und Max Slevogt zusammen er nach 1900 zu einer der wichtigsten Stützen der Berliner Sezession wird, ein echter Repräsentant des deutschen Impressionismus. Zunächst freilich und bis hin in die neunziger Jahre trat er in die Spuren der akademischen Genremalerei und des Realismus, besuchte zwischen 1866 und1868 die Berliner Akademie, wurde Schüler des Pferdemalers Karl Steffeck, ging dann bis 1872 auf die Weimarer Kunstschule und fand endlich für fünf Jahre (1873—1878) sein Domizil in Paris. Dort gewann zumindest thematisch die auf das Soziale ausgerichtete Malerei von Millet Einfluss auf ihn, was sich in seiner langdauernden Vorliebe für „Armleutebilder“ deutlich genug spiegelt. Künstlerisch aber orientierte er sich viel mehr an der holländischen Malerei des späten Barock, von deren Vertretern ihm Frans Hals am nächsten stand. Er hat ihn oft kopiert. Von einem eigenen Stil seiner Bilder, ist in dieser Phase der Wander- und Lehrjahre kaum zu sprechen. Erst die Übersiedlung nach Berlin (1884), die auf einen sechsjährigen Aufenthalt in München und die Begegnung mit dem Werk von Wilhelm Leibl folgte, brachte eine mehr eigenwillige Note in sein gleicherweise der Malerei wie der Zeichnung und Graphik gehörendes Schaffen. An vorwiegend milieugebundenen und sozialkritisch gemeinten Themen bildete er unter immer sparsamer werdendem Einsatz der volltonenden Farben einen eigentümlich reizvollen, durch die impulsivere, breitere und pastosere Pinseltechnik gesteigerten Stil aus, aus dem tonig verschleierte, auf Grau abgestimmte Schilderungen des Bildvorwurfs erwuchsen. Erst nach etwa 1890 kam Liebermann mit dem Impressionismus ins Gespräch und kehrte er sich mehr den Problemen der Farbe als denen des Motivs zu. Seine Palette gewann an Farbigkeit, und die Bilderwurden lichter, heiterer, ohne daß sie je zu solch gegenstandsentbundenen Farbkoloraturen ausblühten, wie es die der französischen Impressionisten waren, oder etwas von der expressiven Note der Malerei eines Corinth annahmen.

Aus dem Buch:

Moderne Malerei: Von Renoir bis Buffet von Bodo Cichy, Juckerverlag: 1970, Seite 76

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