PAUL CÉZANNE • 1839-1906

Cézanne wurde am 19. Januar 1839 in Aix-en-Provcence geboren, einer südfranzösischen Kleinstadt, die ihm als das Zentrum seines späteren Schaffens den Beinamen Meister von Aix eingetragen hat. Der Vater, der sich vom Hutmacher zum erfolgreichen Bankier emporarbeitete, war wohl auf die gründliche Schulerziehung seines Sohnes bedacht, widersetzte sich aber lange dessen bald schon aufkommendem Verlangen, Maler zu werden. Er wollte ihn zum Juristen machen (Studium 1859 an der Universität Aix), beugte sich aber schließlich (1861) dem von Mutter und Schwester unterstützten Wunsch von Paul. Dieser konnte sich freilich durch lange Jahre keine Anerkennung gewinnen, obwohl ihn der Schulfreund Emile Zola und Malerfreunde wie Pissaro, Sisley, Renoir und andere mögen und fördern. Seine bis um 1870/72 in einer an Delacroix und Courbet geschulten Manier gemalten, in dunklen Farbtönen gehaltenen Bilder wurden von der Jury des Salon regelmäßig zurückgewiesen. Oft entmutigt, pendelte er zwischen Paris und Aix, und erst nach dem Siebziger Krieg findet er neuen Mut, vor allem durch den anspornenden Zuspruch Pissaros, der großen Einfluß auf seine Kunst nahm und ihn dem Impressionismus zuführte. Freilich faßte Cézanne die impressionistische Malweise in so eigenwilligem Sinne auf, daß er kaum zu den Impressionistenausstellungen zugelassen und vom Publikum mit besonderem Hohn und Spott überschüttet wurde. Seit etwa 1878 wendete er sich immer mehr von den Vorstellungen der Impressionisten ab und seinem Ziele zu, aus deren Kunst des flüchtigen Augenscheins etwas zu machen, dauerhaft wie die Kunst in den Museen. Diese Absonderung brachte ihn in immer schwierigere Situationen, und Zola mußte wiederholt finanziell, vor allem aber moralisch aufhelfen. Erst als der Vater, mit dem er in dieser Zeit wieder ein gespanntes Verhältnis hatte, 1886 starb und ihm ein bedeutendes Vermögen hinterließ, konnte er ohne Rücksicht auf den äußeren Erfolg seinem vorgefaßten Weg nachgehen. Er arbeitete lange Jahre in der Provence und schaffte in den späten achtziger, vor allem aber in den neunziger Jahren mit den Estaque-Landschaften, den Bildern der Montagne Sainte-Victoire, der Reihe seiner Badenden und der Kartenspieler und immer wieder auch den Stilleben (die er recht eigentlich wieder entdeckt hat) jene Werke, in denen wir heute die ganze, Zukunft bestimmende Größe dieses Künstlers erkennen – ganz im Gegensatz zum damaligen Publikum und selbst vielen Künstlern, die ihn nicht verstanden und ablehnten. Es wurde nicht begriffen, daß hier ein Mann am Werke war, der nicht einfach abmalen, sondern im wahren Wortsinn gestalten wollte, nicht das Abbild suchte, sondern eine autonome Bildwelt parallel zur Natur. Seine Methode, die Welt seiner Bilder aus atmosphärelosen Flächen einer auf wenige Grundfarben (Blau, Grün und Ocker) sich stützenden Palette aufzubauen, das Räumliche an die flächigen Formen zu binden, die strenge Gesetzlichkeit der Linearperspektive zu durchbrechen und die wirklichen Gegenstandsformen in freilich naturnahe Kunstformen zu übersetzen, fand weder Verständnis noch Anklang. Die Worte, die er später an seinen Schüler Bernard schrieb: „Man behandle die Natur gemäß Zylinder, Kugel und Kegel und bringe das Ganze in die richtige Perspektive, so daß jede Seite eines Objekts, einer Fläche, nach einem zentralen Punkt führt“, sie wurden erst später, insbesondere von den Kubisten, in ihrer wahren Bedeutung erkannt und folgerichtig zu Ende gedacht. Erst 1904 zeigte sich einiger Erfolg und sah sich der für die Malerei des 20. Jahrhunderts so entscheidend wegbereitende Künstler kurz vor seinem Tod (15. Oktober 1906) in seinem einsamen Mühen endlich bestätigt.

Aus dem Buch:

Moderne Malerei: Von Renoir bis Buffet von Bodo Cichy, Juckerverlag: 1970, Seite 68

Deutsche Nationalbibliothek: http://d-nb.info/457614838