PAULA MODERSOHN-BECKER • 1876-1907

Mit ihrem kurzen, zwischen 1901 und 1907 sich erfüllenden Schaffen erreichte die Malerin Paula Modersohn-Becker als einzige der im Malerdorf Worpswede um die Jahrhundertwende arbeitenden Künstler eine Steigerung des sogenannten Naturlyrismus in den Bereich eines der Dresdener Brücke verwandten Expressionismus. Aus dem Verlangen, die Natur als ein romantisches Stimmungserlebnis und den einfachen, bäuerlichen Menschen in seinem unverfälschten, naturhaften Sein darzustellen, kam sie, nicht zuletzt durch die anregende Begegnung mit Cézanne, Gauguin und den französischen Symbolisten, zu einer weit über den Lyrismus hinausreichenden Malerei. Ihre Kennzeichen sind die expressive Steigerung der Farbe, die strenge, auf das Wesentliche zurückführende Stilisierung der Form und der Wille, die malerischen Mittel gleichwohl zur Erfassung eines der Zeit entrückten Daseins wie zur Bloßlegung der menschlichen und dinglichen Innenwelt einzusetzen. Getragen von einem echt weiblichen, mütterlichen Gefühl, sind der Malerin ihre Themen, vorab Blumen und Menschen, zu echten Sinnbildern geworden, die allem Erzählerischen fernstehen, ein feierliches, ans Monumentale grenzendes Dasein verkörpern und dabei doch ein nachvollziehbares, einfühlendes Empfinden aussprechen.

 

Aus dem Buch:

Moderne Malerei: Von Renoir bis Buffet von Bodo Cichy, Juckerverlag: 1970, Seite 84

Deutsche Nationalbibliothek: http://d-nb.info/457614838